Man könnte meinen, dass man Buchbinder in Gewerbe- und Industriegebieten findet. Überall dort, wo große Maschinen nichts Ungewöhnliches sind und tagein, tagaus LKWs große Ladungen liefern und abholen. Nicht selten ist das so. Doch es gibt auch Ausnahmen. Auch manche Buchbinder bevorzugen die Atmosphäre der Großstadt und das bunte Treiben eines angesagten Münchner Viertels.
Ende Februar haben wir eine kleine Buchbinderei aus dem Bahnhofsviertel am Münchner Hauptbahnhof näher an die Isar gezogen. Der jetzige Standort im stadtbekannten Glockenbachviertel unterscheidet sich dabei deutlich. Im Innenhof eines Altbaus werden nun Bücher gebunden und restauriert, in direkter Nachbarschaft zu den Büroräumen kleiner Firmen, die so gar nichts mit dem Buchbindergewerbe gemein haben. Dieser schöne Kontrast verdeutlicht, wie vielseitig die bayrische Landeshauptstadt noch immer ist, wenn man die richtigen Ecken kennt.
Dabei war der Umzug selbst zwar auch vielseitig, jedoch fordernd. Im Glockenbachviertel ist Platz Mangelware. So musste der einzig freie Stellplatz für LKWs zeitweise mit den Bierfahrern geteilt werden, die sich dann mit ein paar Flaschen Bier für den Feierabend für unsere Geduld und Rücksichtnahme bedankten. Dazu waren die Wege bis in den Innenhof sehr lang – und der einzige Zugang zur neuen Souterrain-Werkstatt, der das Einbringen der Maschinen ermöglichte, bestand in einem Fenster.
Kreativität, Durchhaltevermögen und Erfahrung in Tetris waren gefragt, um Pappschere, Pressen und Materialschränke durch das kleine Loch zu hieven. Am Ende hat es sich gelohnt: der Kunde kann seine Arbeit nun in einer lichtdurchfluteten Werkstatt verrichten. Mit kurzen Wegen zur Isar, wenn die Arbeit dann getan ist.